erstellt am 22.09.2023
Herbstbeginn hebt F2-Region an / Sonnenwind-Stoßwellen drücken MUF auf unter 5 MHz
An diesem Wochenende beginnt der Herbst, astronomisch gesehen, und zwar am 23. um 06:50 Uhr UTC. Denn am Samstag, zur Tagundnachtgleiche, überquert der subsolare Punkt – der Ort, über dem die Sonne im Zenit steht, also genau senkrecht – den Äquator. Die Sonne wandert somit von der Nordhalbkugel der Erde auf die Südhalbkugel. Laut astronomischer Definition markiert dieser Moment den Beginn des Herbstes nördlich der Äquators und den Beginn des Frühjahrs südlich davon. Mit dem Ende des Sommers wandert auch die für die Kurzwellenfernausbreitung so wichtige F2-Region in der Ionosphäre in größere Höhen.
Überhaupt sieht es derzeit auf den Bändern gut aus, auf den Amateurfunkbändern waren von 20 bis 10 Meter Signale aus Australien und Ozeanien zu hören. Die beste Chance dafür ist derzeit morgens über den langen Weg auf dem 20-m-Band gegeben. Auch Tuvalu im Pazifik war am Freitag um 0800 UTC auf 17 Meter zu hören. Aber auch Rundfunk-Enthusiasten kommen in den Down Under-Genuss: Auf 15460 kHz sendet bspw. von 0930-1000 UTC samstags und sonntags "Reach Beyond Australia" aus Kununurra an der Grenze von Western Australia und dem Northern Territory, auf Japanisch. Oder täglich nachmittags in Burmesisch von 1500-1530 UTC auf 11825 kHz.
Wie erwartet ist auch die Sonnenaktivität in den letzten Tagen wieder angestiegen, am Donnerstag sogar bis auf 168 solare Flux-Einheiten. Und auch die solare Flareaktivität nahm zu. Besonders aktiv ist die Region 3435, mit einem M8-Flare am Mittwoch und einem M9-Flare am Donnerstag. Das führte zu Mögel-Dellinger-Effekten über dem Atlantik, die bis hoch ins 17-m-Band zu spüren waren, jedoch nur etwa eine halbe Stunde anhielten.
Zwei Tage zuvor, am Montag sowie dem Dienstag, trafen zwei heftige Stoßwellen im Sonnenwind das Erdmagnetfeld. Der k-Index stieg am Dienstag auf 6, mancherorts sogar auf 7. Polarlichter wurden aus Schottland, Skandinavien sowie aus Nord- und Mitteldeutschland gemeldet.
Die Folgen waren deutlich auf den Bändern spürbar, am Dienstag blieb die F2-MUF für eine Sprungentfernung von 3000 km unterhalb der 20-MHz-Marke, gemessen an der Ionosonde Juliusruh auf Rügen an der Ostsee. Nachts fiel dort der Wert auf unter 5 MHz, doch die eingeschränkten Kurzwellenbedingungen waren nur von kurzer Dauer, bereits am Mittwoch war schon fast wieder alles im Normalbereich.
Der Blick nach vorne, auf das Wochenende, verspricht kein super DX-Wochenende: Für Samstag und Sonntag gilt eine leichte geomagnetische Sturmwarnung. Die NOAA prognostiziert, dass ein oder vielleicht sogar zwei koronale Massenauswürfe voraussichtlich nahe an der Erde vorbeiziehen werden. Obwohl keines dieser Ereignisse direkt auf die Erde gerichtet zu sein scheint, könnte eine Kombination aus diesen beiden dennoch einen geomagnetischen Sturm mit k=5 auslösen. Auch gelten weitere vereinzelte mäßige Eruptionen auf der Sonne als wahrscheinlich.
Dazu kommen wohl schnelle Sonnenwinde aus koronalen Löchern. Ab dem 24. oder 25. September sollte aber die geomagnetische Aktivität allmählich wieder auf ein ruhiges bis moderates Niveau zurückfallen.
Nächste Woche dürfen wir insgesamt mit Fluxwerten von 160 bis 165 Einheiten rechnen, so die Weltraumwetterbeobachter der US-Luftwaffe. Bei einem einigermaßen ruhigem Magnetfeld öffnen damit die oberen Bänder bis 21 MHz stabil, in der zweiten Tageshälfte steigt die MUF stundenweise sogar über 25 MHz. In der ersten Nachthälfte bleiben die Bänder bis rund 15 MHz geöffnet, bis 10 MHz die ganze Nacht durch.
Dass übrigens plötzliche Veränderungen in der Ionosphäre, die durch Sonneneruptionen oder sogar den Sonnenauf- oder -untergang verursacht werden, die empfangene Trägerfrequenz von Zeitzeichen- bzw. Normalfrequenzsendern wie WWV verschieben können, darauf weist zurzeit ein Webbeitrag der niederländischen Amateurfunkvereinigung VERON hin. Sonneneruptionen anhand der sogenannten Dopplershift-Methode zu erkennen, auf diese Weise gelang es Brian Curtis, KI8KY aus Michigan am 20. Juni diesen Jahres, eine starke Sonneneruption der X-Klasse zu dokumentieren. Er überwachte die Frequenz und Feldstärke des kanadischen CHU-Zeitstandardsenders, der auf 7850 kHz sendet. Während einer Sonneneruption der X-Klasse konnte er die darauf hin entstehende Doppler-Verschiebung aufzeichnen. Die Trägerfrequenz von CHU wurde um bis zu 5 Hertz verschoben (grüne Kurve; Foto: KI8KY).

Dem liegt eine einfache Erklärung zugrunde: Wenn Strahlung einer Sonneneruption auf die Erdatmosphäre trifft, ionisiert sie die oberen Luftschichten. Dadurch wird die Ionosphäre unseres Planeten vorübergehend etwas dicker. Und infolge dessen verändert sich die Trägerfrequenz eines Funksignals, wenn es die Ionosphäre verlässt, da sich der "Reflexionspunkt" durch die auftreffende Strahlung der Sonneneruption bewegt. Kurzwellensender wie WWV, WWVH und auch CHU senden eine Trägerfrequenz mit Frequenzstabilität in Atomuhrqualität. Daher sind diese Frequenzstandardstationen perfekte Quellen für die Doppler-Überwachung. Eine kleine Verschiebung der Trägerfrequenz ist bereits leicht messbar. Wer den Artikel von Johan Evers, PE1PUP, "Zonnevlammen detecteren via signalen van frequentiestandaardstations" nachlesen möchte, der kann das über folgenden Link tun (wird automatisch ins Deutsche übersetzt mit Google Translate): Veron.nl.
Allen einen störungsfreien Empfang, 73 Tom DF5JL - mit aktuellen Infos von DK0WCY, SWPC/NOAA, USAF 557th Weather Wing, STCE/KMI Belgien, IAP Juliusruh, SANSA South African National Space Agency, DL1VDL/DL8MDW/DARC-HF-Referat, FWBSt EU/DF5JL